Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den US-Autokonzern General Motors (GM) aufgefordert, Klarheit über die Zukunft seiner deutschen Tochter Opel zu schaffen. Gerüchte über einen möglichen Verkauf, die die Opel-Beschäftigten verunsicherten, sollten bald aus der Welt kommen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin.
Merkel habe großes Verständnis für die Lage der Opel-Belegschaft, die sehr gute Arbeit leiste und bei der Sanierung vorankomme. Offiziell gibt es nach Angaben von Seibert keine Kontakte zu GM. Der Opel-Betriebsrat habe die Kanzlerin aber in einem Brief über die Verkaufsspekulationen unterrichtet. Auch das Wirtschaftsministerium ist mit Opel in Verbindung.
Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat von General Motors umgehend Auskunft über die Gerüchte gefordert. "Im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der Kunden muss die Geschäftsführung schnellstens Klarheit schaffen", teilte Beck gemeinsam mit Grünen-Wirtschaftsministerin Eveline Lemke am Donnerstag in Mainz mit. Die Mitarbeiter, ihre Familien, aber auch Kunden seien verunsichert. "Sie dürfen über einen so weitreichenden Schritt nicht im Unklaren gelassen werden."
Experten: Komplettverkauf nicht vorstellbar
"Es gibt für GM derzeit überhaupt keine Not, irgendetwas zu versilbern", sagt Autoexperte Christoph Stürmer vom Marktforscher IHS Global Insight. Nach der staatlichen Rettung und der Rückkehr an die Börse sind die Kassen von GM prall gefüllt. "Und wenn ich etwas verkaufe, dann muss das von Wert sein und kein Problemfall." Opel fällt eher in letztere Kategorie. "In Shanghai finden sie - überspitzt gesagt - keinen Opel", sagt Autofachmann Dieter Becker von der Beratungsgesellschaft KPMG. Opel ist in den Boom-Märkten Asiens oder Lateinamerikas kaum vertreten, und die Europäer sind nicht mehr so wild auf neue Autos wie früher.
GM macht Opel mit seiner Hausmarke Chevrolet hierzulande kräftig Konkurrenz. Von Januar bis Mai lag der Anteil von Chevrolet an den Neuzulassungen nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts bei annähernd einem Prozent - gegenüber den Anfangsjahren ein gewaltiger Sprung. Opel kam auf acht Prozent und rangierte damit hinter VW, BMW und Mercedes. "Die GM-Leute klopfen sich jeden Tag auf die Schulter, dass sie Daewoo in Chevrolet umbenannt haben", sagt IHS-Experte Stürmer. "In Detroit könnte jemand auf die Idee gekommen sein, dass das auch für Opel eine gute Idee wäre", mutmaßt er über den Ursprung der Verkaufsgerüchte.
"Einen Komplettverkauf von Opel kann ich mir nicht vorstellen", sagt Stürmer. "GM kann es sich nicht leisten, sich so weit aus dem europäischen Markt zurückzuziehen." Trotz aller Probleme ist Opel eine feste Größe im hiesigen Automarkt; in Großbritannien werden die Opel als Vauxhall verkauft. "Eine Möglichkeit, um die Marke Opel erfolgreicher zu machen, wäre es, Opel stärker zu integrieren und auch international fertigen zu lassen", sagt KPMG-Experte Becker. "Vorbild könnte Volkswagen sein. VW hat Werke im Ausland aufgebaut, wie jüngst im US-amerikanischen Chattanooga, und damit die deutschen Fabriken letztlich gesichert, etwa durch die Zulieferung von Teilen." (dpa)
Gernot Gressmann