Die Justizminister der Bundesländer haben sich auf der 89. Justizministerkonferenz u. a. mit dem Straftatbestand des "unerlaubten Entfernens vom Unfallort" (§ 142 StGB) befasst und die Bundesjustizministerin aufgefordert, Änderungen zu prüfen. Die Länderminister beziehen sich inhaltlich auf Vorschläge, die der Arbeitskreis III des 56. Deutsche Verkehrsgerichtstages (VGT) bereits im Januar 2018 in Goslar erarbeitet und vorgelegt hatte.
Der Automobilclub von Deutschland e.V. beteiligte sich an den Beratungen des VGT und setzt sich für Anpassungen des Tatbestandes ein, die die Möglichkeiten der Nutzung moderner Kommunikationsmöglichkeiten durch die jeweiligen Fahrer berücksichtigen.
"Änderungen wegen eCall und Nutzung von Smartphones sinnvoll"
Der AvD geht davon aus, dass aufgrund der modernen Kommunikationstechnik – nahezu jeder hat mittlerweile ein Mobiltelefon – die gesetzlich vorgeschriebene Wartepflicht ohne allzu große Wartezeiten oder Verzögerung erfüllbar ist. Zudem sind seit April 2018 alle Neuwagen obligatorisch mit dem eCall System ausgerüstet, welches bei Unfallereignissen ohne Zutun des Fahrers einen Notruf absetzt. Über eCall ist der Notruf 112 kostenfrei und bei Prepaidkarte auf ohne Guthaben erreichbar.
Der AvD setzt sich deshalb dafür ein, die Vorgaben für die Wartepflicht mit Blick auf die existierenden Kommunikationsmöglichkeiten anzupassen. Gleichzeitig sollte zur Durchsetzung des Beweisinteresses die in der Vorschrift vorgesehene "tätige Reue" auch auf den fließenden Verkehr ausgeweitet werden.
Für die Entscheidung, ob die Fahrerlaubnis entzogen werden muss, sei im § 69 StGB ebenfalls über eine Anpassung der Definition eines "bedeutenden Schadens" angesichts heutiger Reparaturpreise von Fachwerkstätten nachzudenken. Zudem sei es bei der Beurteilung des im Straftatbestand geforderten Wissens des Täters um den entstandenen Schaden "sinnvoll, die vor Ort verfügbaren Mittel zur Kommunikation mit einzubeziehen".
Statistiken weisen hohe Fallzahlen nach
Fahrerflucht sei nach den erfassten Zahlen sowie laut offizieller Schätzungen weiterhin "ein tagtägliches Delikt". So habe die Polizei Hessen für 2017 mitgeteilt, dass bei fast 40 Prozent der 14.244 Verkehrsunfälle im Jahr 2017 sich ein Beteiligter unerlaubt von der Unfallstelle entfernt habe. Bereits bei reinen Sachschäden sei das mehr als ein Ärgernis. Tragisch werde es aber, wenn es Verletzte oder gar Tote gebe.
Auch wenn das unerlaubte Entfernen vom Unfallort sich auf den Versicherungsschutz auswirke, ist der AvD der Meinung, dass das Beweisinteresse anderer rechtstreuer Unfallbeteiligter durch eine Strafandrohung abgesichert werden sollte. Für viele Fahrzeugbesitzer seien selbst kleinere Beschädigungen nicht nur eine Bagatelle, schließlich müsse der fremdverursachte Schaden selbst getragen werden, wenn keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen ist. Und dies ist laut AvD vor allem bei älteren Fahrzeugen häufig der Fall.
"Vor Ort alle notwendigen Angaben austauschen!"
Unabhängig von der Entwicklung der gesetzlichen Vorgaben ruft der AvD alle Verkehrsteilnehmer dazu auf, bei einem Schadenereignis mit eigener Beteiligung vor Ort mit den weiteren Betroffenen die notwendigen Daten auszutauschen. Das gelte umso mehr bei schweren Unfällen mit Personenschäden. Kaum jemand könne vor Ort bei Sachschäden fundiert abschätzen, ob ein Bagatellschaden vorliegt, weshalb der Verbleib an der Unfallstelle zur Vorbereitung der Schadenregulierung sowie eine Meldung bei der Polizei unbedingt ratsam seien. (wkp)