Die professionelle Vermarktung von Unfallfahrzeugen über eine datengetriebene, internetbasierte Auktionsplattform klingt zunächst einmal nach einem Digitalisierungsthema. Gleiches gilt für das Copart-Unternehmensziel, die Wiederbeschaffungswert-Regulierung deutlich schneller und transparenter für alle Beteiligten abzuwickeln. Das dafür unzweifelhaft notwendige Know-how in Sachen IT und elektronisch gestützter Prozessoptimierung ist dabei nur die halbe Miete: Mindestens ebenso bedeutend ist der Anteil handfester Arbeitsabläufe, die aber ebenfalls einem weltweit bewährten Muster folgen. Dreh- und Angelpunkt der ausgeklügelten Copart-Logistik sind die sogenannten Yards, von denen es in Deutschland inzwischen zwölf jeweils in der Umgebung aller wichtiger Metropolregionen gibt.
Physische Vermarktungsplattform
Die Auktionsplätze beeindrucken dabei nicht nur durch ihre schiere Größe von bis zu 100.000 Quadratmetern und der dadurch gegebenen Abstell- und Umschlagmöglichkeit für Tausende Unfall- und Gebrauchtfahrzeuge. Ihre wahre Bedeutung für das Copart-Geschäft liegt in der generalstabsmäßigen und prozessorientierten Gestaltung des Geländes, die die Voraussetzung für reibungslose Abläufe vor Ort schafft.
Nicht umsonst hat das Unternehmen deutschlandweit in den letzten Jahren viele Millionen Euro in den Auf- und Ausbau der Yards gesteckt, um überall den gleich hohen Servicestandard für das eigene Personal und die Aufkäufer zu gewährleisten. Rund zwei Jahre vergehen, bis aus dem geeigneten Gelände mit guter Verkehrsanbindung ein Teil der Copart-Infrastruktur geworden ist: rund um den Kauf und die Ausschreibung der späteren Großbaustelle sind etliche Auflagen zu erfüllen, ehe das Gelände so ausgebaut ist, dass das erste Unfallfahrzeug angeliefert oder abgeholt werden kann.
Mehr als ein "Parkplatz"
Da auf den Yards Hunderte, teils Tausende von Unfallfahrzeugen gelagert sind, werden hohe Sicherheitsstandards umgesetzt, wie man sie aus dem Handel von Premiummarken kennt. Zum Copart-Konzept gehören beispielsweise bis zu 2,40 Meter hohe Doppelstabmatten-Zäune, die zudem mit Stacheldraht und Videoanlagen gesichert sind. Wärmebildkameras und fernsteuerbare Lichtmasten, die rund um die Uhr von einem externen Sicherheitsdienst betreut werden, überwachen das Gelände und helfen dabei, unerwünschten "Besuch" abzuschrecken.
Doch auch der planmäßige Aufenthalt von Geschäftspartnern ist strikt geregelt. Um den Platz befahren zu können, erhalten Aufkäufer und Kunden personalisierte QR-Codes – etwa nach dem Zuschlag bei einer Auktion. Nur mit diesem Code ausgestattet, lassen sich die Schrankensysteme öffnen, welche die Zufahrt auf den Abholplatz gewähren. Neben diesem öffentlichen Bereich ist der Großteil des Yards Betriebsgelände. Hinter den modernen Schrankensystemen dürfen sich nur die Copart-Mitarbeiter aufhalten.
Starke Teams – Tendenz steigend
Pro Gelände sind – je nach Größe – zwischen fünf und zehn Angestellte vor Ort, die von einem Niederlassungsleiter koordiniert werden. Er ist für den Zustand der Fahrzeuge auf dem jeweiligen Yard verantwortlich, um die Details kümmern sich die Mitarbeiter. Zu ihren Aufgaben gehören die gründliche Innen- und Außenreinigung der Fahrzeuge inklusive der Entsorgung von Müll oder das optionale Entfernen von Folierungen und Beschriftungen. Im Rahmen der professionellen Präsentation für die Auktion werden Fotos nach festgelegten Standards erstellt und die Motorfunktion getestet. Zudem werden die Fahrzeuge für Zwischenlagerung und Transport durch Spezialfolien so vorbereitet, dass es zu keinen nachträglichen Beschädigungen etwa durch Wassereintritt kommen kann.
Unterstützt werden die Teams auch digital: durch die "Loader App", die die komplett papierlose Abholung von Fahrzeugen ermöglicht, oder die "Receiving App". So wird jeder Mitarbeiter durch den spezifischen Prozess geleitet und erfährt, was es bei der Annahme zu beachten gilt, wie die Autos zu lagern und zu reinigen sind oder welche Standards beim Fotografieren gelten. Immerhin sollen die Händler schon allein anhand der Beschreibung und der Fahrzeugbilder erkennen, dass es sich um ein Copart-Fahrzeug handelt. Auf den größeren Plätzen wie Leipzig gibt es zudem einen Disponenten, der den internen Verkehr auf dem Vermarktungsplatz regelt. Drei Regionalleiter kümmern sich Yard-übergreifend um alle Angelegenheiten, die über interne Abläufe hinaus gehen. Um überall den gleichen hohen Qualitätsstandard umzusetzen, werden per "Facility Quality Report" die Eckdaten des jeweiligen Standortes regelmäßig festgehalten.
Trotz der durch die Corona-Krise schwierigen Marktgegebenheiten hat Copart seinen Wachstumskurs im Jahr 2020 auch in Sachen Personal aufrechterhalten: Zwischen Januar und November wuchs der Mitarbeiterstamm in der Düsseldorfer Zentrale und auf den Vermarktungsplätzen bundesweit um 33 Personen auf insgesamt 170 Angestellte.
Mobile Aushängeschilder
Wer sich für den praktischen Teil der Fahrzeuglogistik interessiert, wird als Lkw-Fahrer für zwei Wochen intensiv auf dem Yard in Bad Fallingbostel geschult. Hier kommt nicht nur ein eigener Fahr-Trainer von Copart zum Einsatz, auch in Sachen Kundenansprache und Erscheinungsbild sind Copart-Standards zu erfüllen. Die so bestens vorbereiteten Fahrer sind mit einer ständig wachsenden Flotte von aktuell 48 Mercedes-Benz-Modellen bundesweit im Nah- und Fernverkehr unterwegs. Diese bieten nicht nur ein einheitliches Erscheinungsbild mit hohem Wiedererkennungswert, sondern sind in der Lage, das Copart Full-Service-Versprechen buchstäblich in ganz Deutschland einzulösen. Steht ein Unfallfahrzeug zum Beispiel in einer schwer zugänglichen Straße, sorgt die IT-gestützte Disposition dafür, dass nur kleinere, leichter rangierbare Transportfahrzeuge die letzten Kilometer unterwegs sind und den Pkw zum Copart-Yard verbringen.
Patentierte Spezialfahrzeuge
Auf den Yards selbst übernehmen spezielle Radlader den Großteil der Transport-Arbeit. Diese sind mit patentierten, vier Meter langen Gabeln ausgestattet. So können die Fahrzeuge frontal – und nicht wie sonst üblich seitlich – aufgenommen werden. Die Spezialgabeln werden direkt unter den Achsen platziert, so dass der Unfallwagen nicht mit dem Unterboden, sondern mit Teilen, die auch im Normalbetrieb das Pkw-Gewicht tragen, belastet werden. Dies hilft ebenso, weitere Beschädigungen zu vermeiden, wie auch z. B. das "Wrapping" von Fahrzeugen mit Glasbruch, um diese unterwegs vor Wind und Wetter zu schützen. Zwischengelagert werden die Unfallfahrzeuge durch ein eindeutiges Koordinatensystem, das den jeweiligen Stellplatz kennzeichnet. Ist der Aufkäufer vor Ort und verfügt über den der Auktion zugeordneten Code, die sogenannte LOT-Nummer, dauert es maximal elf Minuten, bis das Fahrzeug abgeholt und aufgeladen ist. Dies beschleunigt die Abholzeit für die Aufkäufer enorm. (kt)