Was unsere beiden Branchen eint: in Zukunft werden wir sicherlich nicht ohne Mobilität auskommen, genauso wenig ohne passende Risikoabsicherung. Ebenso bin ich überzeugt, dass sich die beide Themenfelder – Mobilität und Versicherung – durch die Digitalisierung verstärkt annähern werden.
Telematik-Tarife weiter auf dem Vormarsch
Vorreiter in diesem Gebiet sind die wohl inzwischen bekannten Telematik-Tarife verschiedener Versicherer – die Höhe der Versicherungsbeiträge berechnet sich nach der gefahrenen Kilometerzahl. Noch richtet sich diese Versicherungslösung an eine relative kleine Verbrauchergruppe, wird aber in den nächsten Jahren zweifellos der Branchenstandart werden. Doch hier braucht es eben einen entsprechenden Anteil an Neuwagen, die die entsprechende Software enthalten. Daher wird die Entwicklungen anderer Versicherungslösungen für den Automobilmarkt größere Aufmerksamkeit von Versicherern erhalten.
Durch die Digitalisierung sind wir in der Assekuranz nicht zuletzt flexibler geworden. Es besteht nun die Möglichkeit mit neuen Produkten, die sich an den neuen Bedürfnissen der Kunden orientieren, auf die gegenwärtigen Veränderungen zu reagieren. Auch im Bereich Kfz können bedarfsbezogene und kontextuelle Versicherungsprodukte - abseits der klassischen Kfz-Versicherungen - ein Baustein sein, um die Zukunft der eigenen Branche erfolgreich zu gestalten.
Neue Produktansätze
Ein neuer Wagen kostet viel Geld – auf einen Schlag. Gerade für jüngere Menschen ist die Anschaffung eines eigenen Fahrzeugs oft eine zu hohe Schwelle. Leasing stellt daher eine bequeme Lösung für eine urbane Zielgruppe dar, die flexibel und zugleich mobil bleiben will. Die Angst vor unberechenbaren Zusatzkosten bei der Rückgabe schreckt allerdings ab. Diese Angst kann beispielsweise mit einer passenden Versicherungslösung genommen werden und der Absatz erhöht werden.
Veränderung durch White-Label-Produkte
Solche Versicherungslösungen, die eine Antwort auf die gegenwärtigen Kundenbedürfnisse geben und hier auch auf Unsicherheiten beim Kauf reagieren, werden zukünftig direkt unter der Marke des jeweiligen Unternehmens angeboten werden - volldigitale White-Label-Produkte machen dies möglich. Der Versicherer tritt in den Hintergrund und ist nur für die Produktentwicklung und -administration verantwortlich. Vertrieben wird das Produkt direkt über den jeweiligen Händler/Anbieter oder es wird automatisch in den Leasingvertrag integriert.
OEM-Marke durch Fremdprodukte stärken
Neben der Absatzförderung stärkt dieser Ansatz die Kundenbindung, da der komplette Kundenkontakt über den Händler/Anbieter laufen kann und der Kunde alle Leistungen zukünftig aus einer Hand bezieht. Weitere Produkte aus den vorhandenen Portfolios sind hier natürlich mit Versicherungsprodukten auch auf preislicher Ebene kombinierbar – attraktive all-inclusive-Lösungen können einfach gestaltet werden. Deutlich zeichnet sich somit die Entwicklung eines eigenen Ökosystems ab, indem die eigene Marke eines OEMs durch Fremdprodukte maßgeblich gestärkt wird.
Digitale Produkte für den GW-Markt
Für den Gebrauchtwagenmarkt bieten digitale Produkte ebenfalls großes Potential, den Umsatz mit Neu- und Bestandskunden sowie die Kundenbindung zu erhöhen. Garantieversicherungen, die bereits seit Jahrzehnten am Markt sind, können im Zuge der Digitalisierung komplett neu gestaltet und modular aufgebaut werden. Damit lassen sie sich viel genauer als früher auf die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen abstimmen und so quasi individualisieren. Hat ein bestimmtes Gebrauchtfahrzeug bekannte Schwachstellen, lassen diese sich mit dem entsprechenden Versicherungsschutz abdecken. Der Käufer minimiert so effektiv sein zu erwartendes Risiko. Oder ist eine Fahrzeugkategorie, wie etwa ein Wohnmobil nicht in eine gängige Police integrierbar, ist das durch eine modulare Produktbauweise nun durchaus möglich.
Garantien beim Kunden auch durchsetzbar
Bei Gebrauchtwagen sind Kunden definitiv bereit, einen Aufpreis für eine Garantieversicherung zu bezahlen, wenn dadurch die Werkstattkosten und Kosten für Ersatzteile gedeckt sind. Vor allem dann, wenn ganz genau ausgesucht werden kann, was versichert ist. Eine solche Police zu erstellen und sofort online abzuschließen, ist auf technischer Ebene heutzutage kein Problem mehr. Früher war die Erstellung solch zielgenauer Policen für Versicherer einfach viel zu kompliziert und ein "One-fits-most-Prinzip" - oftmals zum Nachteil des Kunden - unumgänglich.
Kurzzeit-Versicherung – schnell und individuell buchbar
Eine voranschreitende Verknüpfung von innovativen Versicherungsprodukten und technischen Innovationen der Automobilbranche zeichnen sich schon jetzt im Bereich der "Shared Mobility" ab. Absicherungen bei Verleih des eigenen Fahrzeugs oder bei Probefahrten, sowohl privat als auch beim Händler, sind mithilfe einer Kurzzeitversicherung möglich. Diese kann innerhalb weniger Minuten und nur für die Dauer der Fahrt (entweder stunden- oder tageweise) abgeschlossen werden. Interessant ist hier, dass durch die Einführung der Touchscreen-Technologie und der Verknüpfung von Boardcomputern mit dem Internet, z.B. bei BMWs Connected Drive, diese Angebote direkt im Fahrzeug verfügbar sein werden.
Das Produkt folgt dem Kundenwunsch
Diese sogenannten kontextuellen Versicherungsprodukte sind zukünftig also genau zu dem Zeitpunkt und an dem Ort, wo sie wirklich benötigt werden direkt abschließbar. Es ist somit kein größerer Aufwand nötig, um etwa einen fremden Fahrer mitzuversichern – lediglich einige wenige Klicks werden in Zukunft dazu ausreichen. Das kommt dem neuen Kundenverhalten entgegen, welches längst durch diese Art des Einkauferlebnisses, wie beispielsweise durch In-App-Käufe, geprägt ist. Selbstverständlich können die Versicherungslösungen nativ in die Produktumgebung des jeweiligen Herstellers integriert werden. Risiken, wie sie der Verleih des Fahrzeugs darstellt, lassen sich so kostengünstig und einfach kontrollieren.
Zukunftsmusik
Noch sind viele Fragen hinsichtlich der Entwicklung der Mobilität und anschließenden Versicherung der technischen Innovationen ungeklärt. Wie lässt sich beispielsweise ein selbstfahrendes Fahrzeug versichern? Und wer haftet im Schadenfall – der Anbieter, der Hersteller oder der Software-Entwickler? Auch in einer "Sharing Economy", in dem Carsharing selbstverständlich ist und selbst Leasing-Modelle teilbar sind – VW testet das bereits mit dem Tochterunternehmen We Share und in nächster Zeit mit dem Start-up Leash – bleibt Raum für weitere Innovationen. Fest steht jedoch, dass der Aufbau eines eigenen Ökosystems für OEMs nicht möglich, sondern Voraussetzung ist, um die Kundenbindung auszubauen und am Markt der Zukunft, trotz sinkender Neuwagenverkäufe, neue Absatzstrategien zu erschließen. (T.H.)
Der White-Label-Anbieter ELEMENT
ELEMENT ist eine White-Label-Zulieferer für Versicherungsprodukte. Das Unternehmen entwickelt bedarfsbezogene voll-digitale Versicherungslösungen für seine Partner, die diese unter eigenem Namen vertreiben.
Zum Autor
Timo Hertweck ist Vertriebsvorstand der ELEMENT Insurance AG, der White-Label-Produktfabrik für Versicherungen. Zuvor hatte er mehrere Führungspositionen in der Versicherungsbranche inne, unter anderem als Geschäftsführer beim Versicherungsmakler Südvers, als Vorstandsmitglied bei der Würzburger Versicherungs-AG sowie als Vertriebsdirektor und Prokurist bei der WWK Versicherung AG. Timo Hertweck verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Schaden- und Unfallversicherung, mit besonderem Fokus auf den strategischen Vertrieb.