Die Rechtsschutzexperten der ARAG teilten den Fachmedien vor kurzem ein aktuelles Urteil des AG Frankfurt am Main mit, das möglicherweise auch für ähnliche Fälle richtungsweisend werden könnte (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 3.06.2022, 974 OWi 533 Js-OWi 18474/22).
"Höhere Gefährdung durch kastenförmiges Fahrzeug"
Konkret geht es in diesem Fall um das augenscheinlich vom Gericht höher eingestufte Wagnis-Risiko eines SUV, in diesem Fall eines der Marke BMW, gegenüber einem "normalen" Pkw, worunter grundsätzlich nicht nur ein Fiat Panda, sondern beispielsweise auch ein Audi A8, ein 7er BMW oder eine Mercedes S-Klasse zu verstehen sein könnten. Doch hier kommt es offensichtlich nicht auf die Masse eines Fahrzeuges an, sondern (laut Entscheidungstext des Gerichts) auf die "erhöhte Bodenfreiheit" des SUV, das "an einen Geländewagen angelehnte Erscheinungsbild" sowie die "kastenförmige Bauweise" mit den "höher angelegten Frontstrukturelementen", die "im Falle eines Unfalls eine größere Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer darstellen".
Die Sichtweise des Gerichts
Nachfolgend geben wir hier die offizielle Presse-Verlautbarung des AG Frankfurt zum Urteil im O-Ton wie folgt wieder:
"Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass bei Rotlichtverstößen mit einem so genannten Sport Utility Vehicle (SUV) eine Erhöhung der Regelgeldbuße angemessen sein kann.
Nach den Feststellungen des Gerichts in einem Bußgeldverfahren fuhr der Betroffene in Frankfurt am Main (Kreuzung Friedrich-Ebert-Anlage) mit seinem Fahrzeug, einem so genannten Sport Utility Vehicle der Marke BMW (kurz SUV), das von seiner Bauart dadurch von normalen Kraftfahrzeugen in der Art abweicht, dass es über eine erhöhte Bodenfreiheit verfügt, in den durch die Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzungsbereich ein. Die Rotphase dauerte zu diesem Zeitpunkt bereits länger als 1,1 Sekunden.
Das Amtsgericht, das die Richtigkeit der mittels einer fest installierten Messsäule vorgenommenen Messung im Übrigen feststellte, sah aufgrund der besonderen Fahrzeugbeschaffung im konkreten Fall eine Erhöhung der hierfür durch den geltenden Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße für veranlasst.
Diese sei durch die erhöhte Betriebsgefahr des verwendeten Kraftfahrzeugs gerechtfertigt, dessen kastenförmige Bauweise und erhöhte Frontpartie das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer erhöhe. Aufgrund der größeren abstrakten Gefährdung durch das Tatfahrzeug stelle sich nach Auffassung des Amtsgerichts Frankfurt am Main der begangene Rotlichtverstoß gravierender als der Normalfall dar. Dies gelte insbesondere unter Beachtung der Zielsetzung des §37 StVO zu Wechsellichtzeichen, der den Schutz der querenden Verkehrsteilnehmer im Kreuzungsbereich von Lichtzeichenanlagen bei einer Kollision bezweckt.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig."
Voreintragungen in Flensburg verschärfen Strafmaß
Laut Entscheidungstext geht es im gegenständlichen Fall nicht um einen männlichen Fahrer, sondern tatsächlich um eine 41-jährige, deutsche Fahrerin "aus geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen". Bei der Urteilsfindung zum Rotlicht-Verstoß wurden ihr zusätzlich im Zeitraum der letzten beiden Jahre eine 23 km/h-Überschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften, die vorschriftswidrige Benutzung eines Handys während der Fahrt sowie die Missachtung eines Rotlichtes als Radfahrer/Fahrer eines Elektrokleinstfahrzeuges angelastet, die ebenfalls zur Bußgelderhöhung mit beitrugen. Einen ausnahmsweisen Verzicht auf die Verhängung eines zusätzlichen einmonatigen Fahrverbots sah das AG Frankfurt wegen der Voreintragungen in Flensburg deshalb für "nicht geboten" an.
Es wird also spannend sein, ob die Fahrerin das Urteil letztlich annehmen wird, oder ob es möglicherweise zu einem rechtskräftigen "SUV-Präzedenzfall" kommt, der in ähnlicher Weise auch Fahrer:innen ohne Voreintragungen beim KBA in Flensburg negativ betreffen könnte. (wkp)
Mr. T.