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Gerichts-Entscheidung: Höheres Bußgeld für Rotlichtverstoß mit einem SUV

16.08.2022 04:29 Uhr | Lesezeit: 5 min
Nach Ansicht des Amtsgerichts Frankfurt am Main muss ein SUV-Fahrer alleine aufgrund der "kastenförmige Bauweise" mit "höher angelegten Frontstrukturelementen" seines Fahrzeuges, die bei einem Unfall "eine größere Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer darstellen", mehr Sorgfalt im Straßenverkehr walten lassen. Bei OWi-Verstößen sei deshalb ein entsprechend höheres Bußgeld gerechtfertigt.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat kürzlich ein Urteil veröffentlicht, das aufhorchen läßt: Wer mit einem Sport Utility Vehicle (SUV) bei Rot über die Ampel fährt, muss – alleine wegen des Fahrzeuges – ein deutlich höheres Bußgeld bezahlen.

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Die Rechtsschutzexperten der ARAG teilten den Fachmedien vor kurzem ein aktuelles Urteil des AG Frankfurt am Main mit, das möglicherweise auch für ähnliche Fälle richtungsweisend werden könnte (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 3.06.2022, 974 OWi 533 Js-OWi 18474/22).

"Höhere Gefährdung durch kastenförmiges Fahrzeug"

Konkret geht es in diesem Fall um das augenscheinlich vom Gericht höher eingestufte Wagnis-Risiko eines SUV, in diesem Fall eines der Marke BMW, gegenüber einem "normalen" Pkw, worunter grundsätzlich nicht nur ein Fiat Panda, sondern beispielsweise auch ein Audi A8, ein 7er BMW oder eine Mercedes S-Klasse zu verstehen sein könnten. Doch hier kommt es offensichtlich nicht auf die Masse eines Fahrzeuges an, sondern (laut Entscheidungstext des Gerichts) auf die "erhöhte Bodenfreiheit" des SUV, das "an einen Geländewagen angelehnte Erscheinungsbild" sowie die "kastenförmige Bauweise" mit den "höher angelegten Frontstrukturelementen", die "im Falle eines Unfalls eine größere Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer darstellen".

Die Sichtweise des Gerichts

Nachfolgend geben wir hier die offizielle Presse-Verlautbarung des AG Frankfurt zum Urteil im O-Ton wie folgt wieder:

"Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass bei Rotlichtverstößen mit einem so genannten Sport Utility Vehicle (SUV) eine Erhöhung der Regelgeldbuße angemessen sein kann.

Nach den Feststellungen des Gerichts in einem Bußgeldverfahren fuhr der Betroffene in Frankfurt am Main (Kreuzung Friedrich-Ebert-Anlage) mit seinem Fahrzeug, einem so genannten Sport Utility Vehicle der Marke BMW (kurz SUV), das von seiner Bauart dadurch von normalen Kraftfahrzeugen in der Art abweicht, dass es über eine erhöhte Bodenfreiheit verfügt, in den durch die Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzungsbereich ein. Die Rotphase dauerte zu diesem Zeitpunkt bereits länger als 1,1 Sekunden.

Das Amtsgericht, das die Richtigkeit der mittels einer fest installierten Messsäule vorgenommenen Messung im Übrigen feststellte, sah aufgrund der besonderen Fahrzeugbeschaffung im konkreten Fall eine Erhöhung der hierfür durch den geltenden Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße für veranlasst.

Diese sei durch die erhöhte Betriebsgefahr des verwendeten Kraftfahrzeugs gerechtfertigt, dessen kastenförmige Bauweise und erhöhte Frontpartie das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer erhöhe. Aufgrund der größeren abstrakten Gefährdung durch das Tatfahrzeug stelle sich nach Auffassung des Amtsgerichts Frankfurt am Main der begangene Rotlichtverstoß gravierender als der Normalfall dar. Dies gelte insbesondere unter Beachtung der Zielsetzung des §37 StVO zu Wechsellichtzeichen, der den Schutz der querenden Verkehrsteilnehmer im Kreuzungsbereich von Lichtzeichenanlagen bei einer Kollision bezweckt.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig."

Voreintragungen in Flensburg verschärfen Strafmaß

Laut Entscheidungstext geht es im gegenständlichen Fall nicht um einen männlichen Fahrer, sondern tatsächlich um eine 41-jährige, deutsche Fahrerin "aus geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen". Bei der Urteilsfindung zum Rotlicht-Verstoß wurden ihr zusätzlich im Zeitraum der letzten beiden Jahre eine 23 km/h-Überschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften, die vorschriftswidrige Benutzung eines Handys während der Fahrt sowie die Missachtung eines Rotlichtes als Radfahrer/Fahrer eines Elektrokleinstfahrzeuges angelastet, die ebenfalls zur Bußgelderhöhung mit beitrugen. Einen ausnahmsweisen Verzicht auf die Verhängung eines zusätzlichen einmonatigen Fahrverbots sah das AG Frankfurt wegen der Voreintragungen in Flensburg deshalb für "nicht geboten" an.

Es wird also spannend sein, ob die Fahrerin das Urteil letztlich annehmen wird, oder ob es möglicherweise zu einem rechtskräftigen "SUV-Präzedenzfall" kommt, der in ähnlicher Weise auch Fahrer:innen ohne Voreintragungen beim KBA in Flensburg negativ betreffen könnte. (wkp)

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KOMMENTARE


Mr. T.

16.08.2022 - 08:02 Uhr

Bei allem Verständnis dafür, dass das Gericht eine Wiederholungstäterin, die es offensichtlich grundsätzlich nicht so genau mit den Regeln nimmt, härter abstrafen will, ist die Herleitung des Strafmaßes über die Fahrzeugart wohl völlig daneben. Ausnahmelos alle Fahrzeuge haben die Anforderungen an den Fußgängerschutz erfüllt und sind somit im Bereich der StVZO zugelassen. Wenn man so argumentiert, müssten auch alle Fahrer von VW-Bussen, Sprintern und LKW mit härteren Strafen belegt werden. Da aber die Strafe den Verstoß ahnden muss, darf eine Betrachtung des verwendeten Fahrzeugs nicht zu einer Erhöhung der Strafe führen. Da sollten sich die Richter einen anderen Grund suchen. Dieses Urteil würde ich bis zur höchsten Instanz anfechten.


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