Frust, Wut - und Angst: Bis zu 2.000 Beschäftigte des angeschlagenen Autozulieferers ZF haben am Standort Saarbrücken gegen mögliche weitere Sparmaßnahmen protestiert. "Die Stimmung war sehr aufgeheizt", sagte IG Metall-Bevollmächtiger Patrick Selzer.
Von der Kundgebung gehe ein klares Signal aus: Man werde "die Spielchen des Vorstandes in keiner Weise mittragen". Ein Umbau des Konzerns ohne die Belegschaften werde nicht möglich sein, sagte er. "Wir brauchen eine Zukunftsperspektive."
Die IG Metall fürchtet um die Zukunft des Werks, wenn der Aufsichtsrat weitere Einschnitte beschließen sollte. Das Gremium tagt an diesem Dienstag und Mittwoch am Konzernsitz in Friedrichshafen am Bodensee. Die Polizei sprach von rund 1.000 Teilnehmenden in Saarbrücken, die IG Metall von bis zu 2.000.
"Standort ist in Gänze bedroht"
Derzeit zählt ZF im Saarland rund 8.500 Beschäftigte. Bisherige Planungen sehen einen Stellenabbau von 4.500 Stellen von einst rund 10.000 Stellen bis Ende 2028 vor. Bei einem weiteren Stellenabbau stelle sich die Frage, ob der Standort noch überlebensfähig sein könnte, sagte Selzer. "Der Standort Saarbrücken ist in Gänze bedroht."
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Die E-Sparte, die für Saarbrücken wichtig ist, dürfte weder ausgegliedert noch verkauft werden, sagte Selzer. Die Sparte "E-Division" umfasst nicht nur elektrische, sondern auch konventionelle und hybride Antriebe. "Wir machen den Protest, weil wir nichts davon halten", sagte Selzer zu den möglichen Plänen einer neuen strategischen Ausrichtung von ZF.
Proteste an mehreren deutschen Standorten
Betriebsversammlungen und Proteste von ZF-Beschäftigten gab es auch an anderen Standorten in Deutschland. Am Konzernsitz in Friedrichshafen gingen knapp 6.000 Teilnehmer auf die Straße. In Koblenz beteiligten sich laut Gewerkschaft mehrere hunderte ZF-Beschäftigte am Aktionstag. Nach Angaben der IG Metall Saarbrücken wird es am Dienstag wohl noch keine Informationen aus dem Aufsichtsrat geben.
Die jüngste Eskalation ausgelöst hatte der sich wohl verschärfende Sparkurs des Managements um ZF-Chef Holger Klein: Bei Betriebsversammlungen vor rund zwei Wochen wurden dem Betriebsrat zufolge weitere Einschnitte angekündigt. Mitarbeiter sollen auf Geld verzichten, auch betriebsbedingte Kündigungen sind demnach nicht mehr ausgeschlossen.
ZF, einer der weltweit größten Autozulieferer, steckt aktuell in der Krise: Wie Konkurrenten leidet das Unternehmen unter ausbleibenden Aufträgen der Hersteller und hohen Kosten für den Wandel hin zum Elektromotor. Der Zulieferer hat neben Automatik- und Schaltgetrieben unter anderem auch Fahrwerkskomponenten, Lenksystemen, Antriebe, Bremsen und Sicherheitstechnik im Angebot.
Tiefrot in den Schulden
ZF hatte im vergangenen Jahr tiefrote Zahlen geschrieben. Der Verlust hatte knapp über eine Milliarde Euro betragen. 2023 hatte der Konzern unter dem Strich noch einen Gewinn von 126 Millionen Euro gemacht.
Das Unternehmen treibt daher mehrere Sparprogramme voran - und prüft, für einzelnen Sparten Investoren an Bord zu holen, diese zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Bis Ende 2028 will ZF außerdem bis zu 14.000 Stellen in Deutschland streichen - das wäre jeder vierte ZF-Arbeitsplatz im Land. 5.700 sind demnach seit Anfang 2024 schon weggefallen. Auch die Arbeitszeit vieler Mitarbeiter wurden gekürzt. Am Donnerstag legt ZF seine Halbjahreszahlen vor.