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AK VIII: Grat zwischen Fehler und Verstoß im Luftverkehr ist schmal

01.02.2023 16:51 Uhr | Lesezeit: 5 min
Luftverkehr
"Safety First" gilt weiter als wichtigstes Gebot in der Luftfahrt. Dabei soll nach dem Willen des Verkehrsgerichtstages der in der EU bereits festgelegte, hohe Standard weiter erhöht werden.
© Foto: Walter K. Pfauntsch

Der AK VIII ist seit Jahrzehnten traditionell mit Schifffahrt-Themen belegt. Anders jetzt beim 61. VGT: Erstmals befassten sich die Experten mit wichtigen Themen der Luftfahrt.

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Der schmale Grat zwischen Fehler und Verstoß im Luftverkehr war das Kernthema des AK VIII. Dabei ging es um den Umgang mit Fehlern in der Luftfahrt und der Frage, ob das deutsche Recht noch up to date ist? Diskutiert wurde außerdem darüber, warum vereinzelt Fehler auch gut für für die Verbesserung der Flugsicherheit sein können und ob Flugsicherheit und Strafverfolgungsinteresse tatsächlich im Widerspruch stehen?

Die AK-Leitung oblag der Leitenden Oberstaatsanwältin Birgit Heß von der Staatsanwaltschaft Kiel. Referenten:innen waren Sebastian Kloth, Arbeitsgruppenleiter Aircraft Analysis and Prevention, Vereinigung Cockpit (Frankfurt a. M.), Andreas Korb, Brigadegeneral und General Flugsicherheit in der Bundeswehr beim Luftfahrtamt der Bundeswehr (Köln), Corinna Bleienheuft, Syndikusrechtsanwältin bei der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU, Braunschweig) sowie Raimund Kamp, Ministerialrat, Leiter des Referates LF 18 (Luftfahrtpersonal, Luftfahrttechnik, Flugbetrieb, Luftverkehrssicherheit, LBA) im Bonner Bundesverteidigungsministerium.

Die Themenstellung im Einzelnen

In der internationalen Zivilluftfahrt werden neue Ansätze des Sicherheitsdenkens unter dem Begriff "Safety Management" diskutiert. Das Konzept der "Just Culture" (Redlichkeitskultur) etabliert auf EU-Ebene den Umgang mit der Meldung von Fehlern, welcher der Flugsicherheit dienen soll. Der Arbeitskreis VIII stellt schwerpunktmäßig das Spannungsfeld zwischen dem Schutz sensibler Informationen der sog. "Frontrunner" (z.B. Piloten, Fluglotsen) und dem Strafverfolgungsinteresse des Staates dar und gibt Empfehlungen zu Anpassungen des deutschen Rechts.

"Safety First" gilt als das wichtigste Gebot in der Luftfahrt. Dabei soll der in der EU bereits festgelegte, hohe Standard weiter erhöht werden. Neben der Auswertung von Flugunfällen sind neue technische Möglichkeiten dabei nur ein Aspekt. Anhang 19 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt beschreibt neue Ansätze des Sicherheitsdenkens unter dem Begriff "Safety Management". Verantwortliche innerhalb der Unternehmen, aber auch in den Zivilluftfahrtbehörden, erkennen relevante Entwicklungen auf Grundlage der Berichte und Meldungen der "Frontrunner" zeitnah und können so rechtzeitig gegensteuern.

Aus Sicht dieser "Frontrunner" gibt es aber Gründe, zurückhaltend zu sein; es besteht die Sorge, dass die Informationen, die sie für das Safety Management oder für die Unfalluntersuchung bereitstellen, nicht ausreichend geschützt sind. Zudem besteht das Risiko, dass sie sich selbst oder die Kollegenschaft belasten, verbunden mit arbeits-, lizenz-, ordnungs- oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen. Wertvolle Informationen drohen dadurch verloren zu gehen. Hier bedürfe es des Austausches zwischen den für die Zivilluftfahrt zuständigen Behörden, allen voran den Flugunfalluntersuchungsstellen und den Justizbehörden auf praktischer und akademischer Ebene.

Ermittelt werden soll, wie sich ein ausreichender Schutz herstellen und ein interessensgerechter Ausgleich der Belange der Flugsicherheit sowie der Strafverfolgung erreichen lässt. Dieser Ausgleich kann und sollte dem Konzept der "Just Culture" folgen, bei dem Sicherheitsinformationen umfassend zu schützen sind, sofern es sich nicht um vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten handelt. Der Arbeitskreis VIII wollte einen Beitrag leisten, Lösungen zu finden, die mit dem deutschen Recht vereinbar sind, aber auch neuere Entwicklungen und Ansätze berücksichtigen.

Schließlich wurde folgende Resolution verabschiedet:

"Just Culture" und der Schutz sicherheitsrelevanter Daten im Sinne der Verordnungen (EU) Nr. 996/2010 und Nr. 376/2014 sind wesentlich zur Förderung und Verbesserung der Flugsicherheit. Der Arbeitskreis empfiehlt deshalb:

1. Es sollte hinsichtlich der zunehmenden Bedeutung einer Fehlerkultur in sicherheitssensiblen Bereichen das Vertrauen in Meldesysteme geschützt werden.

2. Daher sollte im Falle des Tätigwerdens von Strafverfolgungsbehörden die Zusammenarbeit mit Luftfahrtbehörden verstärkt werden, um eine faire, gerechte und ausgewogene Beurteilung des Sachverhalts sicherzustellen. Ansprechpartner sollten wechselseitig benannt werden.

3. Darüber hinaus sollten in Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren, soweit nötig, unverzüglich Sachverständige hinzugezogen werden.

4. Für Staatsanwälte und Richter sollten spezielle Fortbildungsmaßnahmen im Bereich Flugsicherheit angeboten werden; die Einrichtung von Sonderdezernaten wäre wünschenswert.

5. Nr. 247 Abs. 4 Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) sollte in Bezug auf
- die Informationspflicht an die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU),
- die Nennung der spezialgesetzlichen Grundlagen,
- die besondere Schutzwürdigkeit von Flugsicherheitsinformationen
und im Lichte dieser Empfehlungen geändert beziehungsweise ergänzt werden.

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