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KI in der Praxis: Totalschäden sicher erkennen

20.11.2023 05:15 Uhr | Lesezeit: 8 min
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KI sorgt in der Schadenerkennung für mehr Genauigkeit und Effizienz, ohne den Faktor Mensch ersetzen zu wollen.
© Foto: iStock Getty Images/Shutthiphong Chandaeng

Die intelligente Kombination menschlicher Expertise und moderner KI-Systeme ermöglicht eine schnellere Schadenregulierung auch bei komplexen Sachverhalten, ist Christian Krams, Leiter Konzern Schaden bei der Versicherungskammer, überzeugt. Das könne Schadenmanagern dabei helfen, den Regulierungs­prozess von Beginn an optimal im Sinne ihrer Kunden zu steuern.

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In einer Welt, in der die Entwicklung der Technologie unaufhaltsam voranschreitet, hat Künstliche Intelligenz (KI) längst auch in die Versicherungs- und Automobilbranche Einzug gehalten. Christian Krams, Leiter Konzern Schaden bei der Versicherungskammer und Vorstandsmitglied BavariaDirekt, spricht im AUTOHAUS-Interview über aktuelle Möglichkeiten von Digitalisierung und KI bei der Schadenregulierung von Kraftfahrzeugen.

AH: Herr Krams, ein geflügeltes Wort der Branche besagt „jeder Schaden ist anders“. Hat diese Aussage weiterhin Gültigkeit und wie wirkt sich dies auf die Regulierung aus?

C. Krams: In der Tat bearbeiten wir jedes Jahr im Bereich der Kasko- und Haftpflichtabdeckung eine riesige Palette von Kfz-Schäden. Diese reicht von kleinen Kratzern bis hin zu schweren Unfällen mit oftmals mehreren beteiligten Fahrzeugen. Dazu gehören etwa verschiedenste Kollisionsschäden, die Folgen von Unwetterereignissen, Wildschäden, aber auch Diebstahls- und Vandalismusdelikte oder Personenschäden. Nicht zuletzt sind auch zahlreiche Totalschäden zu verzeichnen.

Für jeden Schaden den richtigen Prozess

AH: Was zeichnet Letztere im Vergleich zu anderen Schadenbildern aus?

C. Krams: Je nach Ausgangslage ist die Bearbeitung unterschiedlich komplex und es müssen adäquate Vorgehensweisen in den verschiedenen Phasen der Schadenregulierung eingeleitet werden. Dazu gehören etwa Fragen der Haftung und die Ermittlung der Schadenhöhe. Dabei ist es uns besonders wichtig, dem Kunden unter Berücksichtigung der individuellen Situation und auf Basis von Erfahrungswerten einen guten Vorschlag für den jeweilige Schadenfall zu unterbreiten. Das bedeutet, dass wir bei einem Reparaturschaden eine zügige Instandsetzung in einer unserer Partnerwerkstätten anbieten, bei einer fiktiven Abrechnung eine schnelle Auszahlung an den Kunden gewährleisten und im Falle eines Totalschadens eine schnelle und serviceorientierte Abwicklung mit unserem Partner Copart sicherstellen. Bei diesen Vorschlägen achten wir auf die Interessen unserer Kunden und gleichzeitig auf eine wirtschaftliche Vorgehensweise.

AH: Es geht also darum, möglichst früh im Prozess die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wo kommt dabei KI zum Einsatz?

C. Krams: Der Einsatz und die Anwendung solcher Systeme helfen uns schon seit einigen Jahren. Auf Basis von statistisch überprüften KI-Modellen erhalten unsere Schadenmanager in Echtzeit Empfehlungen zur „next best action“, also zu den Maßnahmen, die im konkret vorliegenden Schadenfall idealerweise als Nächstes zu ergreifen sind. Dies beschleunigt die Schadenregulierung, reduziert den Aufwand für manuelle Arbeiten und vermeidet Fehler. Unsere KI trägt also dazu bei, Prozesse schneller und effizienter zu gestalten. Unseren Schadenmanagern erlaubt diese immer stärkere Entlastung eine zunehmende Konzentration auf das Gespräch mit den Kunden oder den Geschädigten.

Erkennungsquote deutlich erhöht

AH: Inzwischen wird Künstliche Intelligenz auch bei der schnelleren Erkennung von Totalschäden eingesetzt. Wo liegen hier die Herausforderungen?

C. Krams: Wir nutzen KI-Systeme zur Auswertung verschiedener Daten, z. B. Informationen zu den Beschädigungen, den Schadenbildern oder zum Prozess. Diese werden dann mit vorliegenden Informationen von gut abgeschlossenen und positiv bewerteten Schadenfällen verglichen, um aus den erkannten Mustern Schlüsse für die Bearbeitung abzuleiten.Unser jüngstes KI-Modell unterstützt uns bei der Erkennung von Totalschäden. Diese sind selbst für erfahrene Sachbearbeiter in aller Regel auf Basis der oft unvollständigen Informationen nach der Schadenmeldung schwer zu erkennen. Bei unseren Analysen haben wir festgestellt, dass die Schadenmanager eine bestimmte Klasse solcher Schäden oft gut erkennen, jedoch andere Arten regelmäßig nicht identifizieren.

AH: Was hat sich durch die moderne Technik hier verändert?

C. Krams: Mit Hilfe des von uns entwickelten KI-Modells sind wir nun in der Lage, genau diejenigen Totalschadenfälle herauszufiltern, die unsere Schadenmanager bisher oft nicht erkennen können. Das KI-Modell unterstützt den Menschen also, während jedoch die Entscheidung, ob dieser Hinweis aufgenommen oder verworfen wird, beim Schadenmanager verbleibt. Damit sind wir in der Lage, einen signifikant höheren Anteil von Totalschadenfällen durch die Stärken unserer Mitarbeiter einerseits und die Vorteile unseres KI-Modells andererseits zu erkennen und zu verfolgen. So können wir unsere Kunden beim Vorliegen eines Totalschadens zügig in den richtigen Prozess steuern.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass das KI-System zur Schadenbearbeitung bestmöglich beiträgt, das menschliche Know-how jedoch nicht ersetzt. Trotz des Fortschritts in der KI bleibt die endgültige Entscheidung über die Kfz-Totalschadenregulierung unseren Experten vorbehalten.

Zufriedenere Kunden

AH: Welche Vorteile ergeben sich aus dem Einsatz von KI für die Kund:innen?

C. Krams: Für unsere Versicherungs­nehmer:innen sehe ich hier eine Vielzahl an Vorteilen – von einer reibungsloseren und noch kundenorientierteren Schadenbearbeitung bis hin zur Kosten- und Ressourcenersparnis. Die Automatisierung von Prozessen sowie Analyse durch KI-Systeme in Echtzeit sorgt für eine schnellere Bearbeitung, unsere Kund:innen müssen nicht auf teils langwierige manuelle Prüfungen warten. Da KI-Algorithmen auf erkannten Mustern und Regeln basieren und in der Lage sind, Schäden objektiv und präzise zu bewerten, profitieren unsere Kund:innen von transparenten Entscheidungen. Die frühzeitige Erkennung eines Totalschadens bedeutet zudem, dass unnötige Reparaturen vermieden und somit wertvolle Ressourcen geschont werden. Unseren betroffenen Kund:innen können wir so umgehend die Möglichkeit einer schnellen und abschließenden Regulierung über unseren Totalschadenservice anbieten.

In diesem Rundum-sorglos-Paket müssen sie sich um nichts kümmern, weil wir das für sie übernehmen – von der Restwertermittlung und direkten Auszahlung über die Fahrzeugabholung und letztendlich den Verkauf an der Restwertbörse. Wir können damit proaktiv auf unsere Kund:innen zugehen und sie im Schadenfall bestmöglich ­unterstützen. Die dadurch verbesserte Betreuung im Schaden macht unsere Versicherungsnehmer:innen auch nachweislich zufriedener.

AH: Gibt es bereits Pläne für weitere Entwicklungsschritte?

C. Krams: Die Integration von KI in die Beurteilung von Kfz-Totalschäden hat schon jetzt Effizienz und Genauigkeit dieses Prozesses verbessert. Durch die Kombination von menschlicher Expertise und KI-Unterstützung können wir im Schaden, aber auch unsere Kund:innen, fundierte Entscheidungen treffen und schneller handeln, wenn es um die Reparatur oder die Totalschadenabwicklung eines Fahrzeuges geht. Diese technologische Entwicklung wird sicherlich weiterhin die Art und Weise beeinflussen, wie wir Schadenfälle bewerten und bearbeiten. Der Faktor Mensch, als Kümmerer für unsere Kunden im Schadenfall, bleibt trotzdem auch weiterhin aus meiner Sicht unersetzlich. Denn gerade in der Kommunikation und im direkten Kontakt mit unseren Kunden sind menschliche Faktoren wie Einfühlungsvermögen und Empathie entscheidend.

AH: Herr Krams, herzlichen Dank für dieses Gespräch. (kt)

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Christian Krams, Leiter Konzern Schaden bei der Versicherungskammer und Vorstand BavariaDirekt
© Foto: Konzern Versicherungskammer
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