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Kindertransport mit Lastenfahrrädern: Unfallforscher fordern mehr Sicherheit

25.03.2024 05:29 Uhr | Lesezeit: 5 min
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Unfälle mit Lastenfahrrädern nehmen laut UDV deutlich zu. Deshalb fordern die Unfallforscher der Versicherer klare Vorgaben in der StVO zur Kinderbeförderung mit Fahrrädern, an denen es aktuell fehle.
© Foto: UDV

Lastenfahrräder sind in aller Regel für den Transport von Kindern nicht ausreichend geeignet. Das ist ein Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Weder Sitzbänke noch Rückenlehnen seien für die sichere Beförderung von Kindern ausreichend.

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"Eltern nutzen zur Mitnahme ihrer Kinder in Lastenfahrrädern überwiegend dreirädrige Einstiegsmodelle. Diese sind schwer zu fahren und hochgradig kippanfällig. Den Kindern bieten sie bei einem Unfall keinerlei Schutz für Kopf und Oberkörper", sagt UDV-Leiterin Kirstin Zeidler.

Aktuelle DIN-Norm unzureichend

Weder Sitzbänke noch Rückenlehnen seien für die sichere Beförderung von Kindern ausreichend. Dazu komme, dass jedes zweite Kind im Lastenfahrrad keinen Helm trage und ein Drittel gar nicht oder nicht korrekt angegurtet sei. Am häufigsten komme bei Lastenfahrrädern der Alleinunfall ohne Beteiligung Dritter vor. Sicherer könnten Lastenfahrräder nach Ansicht der UDV-Chefin dann sein, wenn sie über Neigetechnik verfügten sowie Sitze mit Kopfschutz, wirksame Gurte und eine Sicherheitszelle als Aufprallschutz hätten. Dafür müsste nach den Worten Zeidlers allerdings die bestehende DIN-Norm verschärft werden.

"Gesetzliche Lücke schließen!"

Neben den Herstellern nimmt die UDV auch den Gesetzgeber in die Pflicht: Die Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung zur Kinderbeförderung mit Fahrrädern umfassen keine speziellen Anforderungen für Lastenfahrräder. Auch deshalb fordert Kirstin Zeidler, diese Regelungslücke seitens des Gesetzgebers schnell zu schließen. Sinnvoll sind ihrer Ansicht nach ferner eigene Zulassungstests von Lastenfahrrädern für den Kindertransport.

Anhänger sicherer, aber trotzdem mit Schwächen

Für die Studie "Kindertransport auf dem Fahrrad" haben die Unfallforscher der Versicherer neben Lastenfahrrädern auch die Beförderung von Kindern in Fahrradanhängern sowie Kindersitzen über dem Gepäckträger untersucht. "Vorteil des Anhängers ist seine Sicherheitszelle: Fest angegurtet, berührt das Kind selbst bei einem Überschlag nicht den Boden", sagt die UDV-Leiterin. Allerdings habe auch dies physikalische Grenzen, etwa bei Kollisionen mit schnelleren Pkw. Zudem stelle sich der Anhänger bei Gefahrenbremsung schnell quer, sei leicht zu übersehen und könne wegen seiner Breite hängenbleiben. "Kinderfahrradanhänger verunfallen meist beim Einbiegen in und Kreuzen einer Straße", so Zeidler.

Tipps zur situativen Verbesserung

Optimierungsvorschläge der Unfallforscher sind eine fest verbaute Beleuchtung, eine teleskopierbare, feste Fahne mit Blinklicht und eine eigene Bremse, die das Querstellen des Anhängers verhindert. Zudem müssten die Erwachsenen besser auf Helm und Gurte achten, denn jedes zweite Kind trage im Anhänger keinen Helm, fast jedes vierte sei nicht oder nicht korrekt angegurtet.

Erhöhte Verletzungsgefahr bei Gepäckträger-Kindersitz

Beim Kindersitz hinten am Fahrrad sind nach UDV-Erkenntnissen das weit oben sitzende Kind und die Fallhöhe bei einem Unfall problematisch. "Der hohe Schwerpunkt macht das Fahrrad instabil – beim Stehen, Anfahren, Ausweichen und Bremsen", so Zeidler. Und beim Sturz sei die Verletzungsgefahr für das Kind ohnehin groß. Auch hier überwiegen Alleinunfälle.

Empfehlung: Weniger Gewicht, mehr Seitenschutz

Die UDV fordert daher, das aktuell geltende Höchstgewicht von 22 Kilogramm für Kinder im Kindersitz zu reduzieren. Hersteller sollten zudem den Seitenschutz im Kopfbereich optimieren und Standsicherheit für das Fahrrad schaffen, etwa mit Dreibein-Ständer. "Eltern schätzen die Gefahr beim Kindersitz zwar besser ein, aber dennoch trägt jedes fünfte Kind auch hier keinen Helm", so Zeidler. Immerhin sind fast 90 Prozent der Kinder im Sitz korrekt angegurtet.

Unfallzahlen steigen deutlich

Radunfälle mit mitfahrenden Kindern sind vergleichsweise selten, nehmen aber zu. Nach den für 2022 verfügbaren aktuellen Zahlen ereigneten sich in Deutschland 222 dieser Unfälle (+45 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019), zwölf Kinder wurden dabei schwer verletzt. Unfallgegner bei Radunfällen mit mitfahrenden Kindern ist meist der Pkw. Zweithäufigste Unfallkonstellation sind Unfälle ohne Beteiligung Dritter.

Laut Nutzerbefragung werden Kinder auf dem Fahrrad meist im Kindersitz befördert (35 Prozent), fast genauso häufig im Lastenfahrrad (31 Prozent) und am wenigsten im Anhänger (28 Prozent). 43 Prozent aller Kinder tragen keinen Helm, 21 Prozent sind nicht richtig oder gar nicht angegurtet.

Für die Studie hat die UDV Unfalldaten analysiert, Nutzer befragt, die Fahrdynamik mittels Probandenversuchen und Computersimulationen untersucht sowie eigene Crashversuche durchgeführt.

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Der Kindersitz auf dem Fahrrad-Gepäckträger ist aufgrund des hohen Schwerpunktes und der Fallhöhe für den Kinderkopf ebenfalls nicht unproblematisch. Auch hierfür hat die UDV klare Forderungen zur Optimierung.
© Foto: UDV
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