Interview Glinicke Gruppe: Systemverständnis und Empathie

07.12.2025 00:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Alexander Kropf, Marketingleiter bei der Glinicke Automobilgruppe
Der Verkäufer ist das Gesicht des Autohauses. Kein digitales Tool kann ein persönliches Gespräch ersetzen.
© Foto: Glinicke Automobilgruppe

Der Autoverkauf ist längst kein reines Showroom-Geschäft mehr. Verkäufer müssen heute Systeme beherrschen und zugleich persönlich überzeugen. Wie sich der Beruf zwischen Daten und Kundenkontakt verändert, erklärt Alexander Kropf, Marketingleiter bei der Glinicke Automobilgruppe, im Interview.

AH: Herr Kropf, wie sehen Sie die Rolle des Verkäufers im Vergleich zu früher?
A. Kropf: Früher war der Verkäufer ein reiner Kundenberater im Haus. Er hat Probefahrten organisiert, Konfigurationen erklärt und den Kunden durch den gesamten Kaufprozess begleitet. Manche Verkäufer haben das Auto noch selbst aufbereitet oder durch die Waschanlage gefahren. Sie waren nah am Kunden, oft auch auf Veranstaltungen präsent. Diese persönliche Verbindung war das Zentrum des Verkaufs. Heute hat sich das Bild komplett verändert.

AH: Wodurch hat sich die Rolle am stärksten verändert?
A. Kropf: Durch die Digitalisierung. Der Verkäufer ist heute viel stärker mit Systemen beschäftigt. Er arbeitet mit DMS, CRM und Lead-Management-Tools und muss zusätzlich die Herstellersysteme bedienen. Bei uns laufen aktuell über 50 Quellen zusammen, aus denen Leads kommen, zum Beispiel aus den Börsen oder von unserer eigenen Website. Ein Verkäufer bewegt sich da in bis zu acht Programmen parallel. Das ist ein völlig anderer Alltag als früher. Um die Arbeit zu erleichtern, setzen wir inzwischen auf künstliche Intelligenz. Unser KI-Mailer erstellt Antwortvorschläge und spart so bis zu eine Stunde am Tag. Das ist zwar eine Hilfe, aber man muss neben den Systemen auch den Kunden im Blick behalten.


"Wir achten bei der Auswahl neuer Mitarbeiter auf Offenheit und digitale Kompetenz, nicht zwingend auf Branchenkenntnis."

Alexander Kropf,
Marketingleiter Glinicke Automobilgruppe


Die kurze Zeit des persönlichen Kontakts intensiv nutzen

AH: Welche Unterschiede sehen Sie zwischen jüngeren und älteren Verkäufern?
A. Kropf: Junge Verkäufer wachsen mit digitalen Medien auf und haben keine Scheu, vor der Kamera zu stehen oder Social Media zu nutzen. Für viele ältere Kollegen ist das noch ungewohnt. Aber es gehört heute dazu, dass Verkäufer online sichtbar sind. Wir erwarten, dass sie Fahrzeuge oder Angebote auch digital vorstellen. Manche machen das mit Begeisterung, andere weniger gern. So entstehen unterschiedliche Stärken: Die einen sind stark im persönlichen Verkauf, die anderen im digitalen Raum. Beide werden gebraucht.

AH: Wie hat sich das Kundenverhalten verändert?
A. Kropf: Kunden kommen heute deutlich seltener ins Autohaus. Früher sah man sie bis zu zehnmal vor dem Kauf, heute vielleicht noch ein- bis zweimal. Die meisten haben sich online informiert, vergleichen Modelle und konfigurieren ihr Fahrzeug selbst. Wenn sie ins Haus kommen, wissen sie genau, was sie wollen. Der Verkäufer muss diese kurze Zeit intensiv nutzen und durch Persönlichkeit überzeugen. Besonders bei der Elektromobilität bleibt Beratung wichtig, weil dort oft noch viele Fragen offen sind.

Das persönliche Gespräch ist nicht ersetzbar

AH: Welche Bedeutung hat der persönliche Kontakt noch?
A. Kropf: Eine sehr große. Der Verkäufer ist das Gesicht des Autohauses. Kein digitales Tool kann ein persönliches Gespräch ersetzen. Wir können Newsletter und automatisierte Systeme einsetzen, aber das ersetzt keine Begrüßung mit Handschlag. Kundenbindung entsteht durch Beziehung, nicht durch Klicks. Deshalb haben wir einen CX-Manager, der sich um alle Details der Kundenerfahrung kümmert. Das geht vom ersten Eindruck im Showroom bis hin zum Händeschütteln. Diese kleinen Dinge machen den Unterschied.

AH: Welche Fähigkeiten sind heute für Verkäufer besonders wichtig?
A. Kropf: Systemverständnis und Empathie. Verkäufer müssen bereit sein, neue Tools zu lernen und sie sinnvoll einzusetzen. Gleichzeitig müssen sie den Kunden verstehen. Wir achten bei der Auswahl neuer Mitarbeiter auf Offenheit und digitale Kompetenz, nicht zwingend auf Branchenkenntnis. Quereinsteiger, die Spaß am Vertrieb haben und mit Systemen umgehen können, passen oft sehr gut. Außerdem ist der Job vielfältiger geworden. Neben dem Autoverkauf gehören heute Versicherungen, Serviceverträge und Wallboxen dazu. Der Verkäufer muss also breiter denken und mehr Produkte im Blick haben.

Alexander Kropf, Marketingleiter bei der Glinicke Automobilgruppe
© Foto: Glinicke Automobilgruppe

„Die Rolle der Verkäufer hat sich durch die Digitalisierung verändert.“

Alexander Kropf,
Marketingleiter bei der Glinicke Automobilgruppe

Dank Schulungen immer auf dem neuesten Stand

AH: Wie unterstützen Sie Ihre Verkäufer bei dieser Entwicklung?
A. Kropf: Wir schulen sie regelmäßig über unseren Glinicke Campus. Dort bringen wir Verkaufsleiter und Verkäufer auf den neuesten Stand, sowohl technisch als auch inhaltlich. Es geht um Systeme, Prozesse und um die ­Frage, wie moderner Vertrieb funktioniert. Das Feedback ist sehr positiv. Viele Verkäufer sagen, sie fühlen sich danach sicherer und besser vorbereitet. Uns ist es sehr wichtig, dass niemand mit den Veränderungen allein gelassen wird.

AH: Welche Rolle spielen Social Media und Bewertungen für den Verkauf?
A. Kropf: Eine immer größere. Bewertungen beeinflussen massiv, wie Kunden ein Autohaus wahrnehmen. Negative Kommentare kommen automatisch, positive muss man aktiv einfordern. Wir arbeiten mit Tools, die unser Bewertungsmanagement überwachen und bei Bedarf automatisiert reagieren. Trotzdem braucht es im Ernstfall einen Menschen, der den Kontakt aufnimmt und das Problem löst. Das stärkt die Beziehung zum Kunden. Zudem werden Bewertungen und Inhalte künftig auch für die KI-Sichtbarkeit wichtig sein. Wer als seriös und vertrauenswürdig gilt, wird von Suchsystemen bevorzugt angezeigt. Das wird den digitalen Wettbewerb weiter verschärfen.

Der Mensch bleibt im Mittelpunkt

AH: Wie wird sich die Verkäuferrolle in den nächsten Jahren weiterentwickeln?
A. Kropf: Der Trend geht für mich in Richtung hybrider Mobilitätsberater. Der Verkäufer wird noch digitaler, aber der Mensch bleibt im Mittelpunkt. Er muss Systeme verstehen und gleichzeitig Kundenbeziehungen aufbauen. ­Erfolgreich ist nur, wer beides kann. Ich glaube, wir werden künftig verschiedene Profile sehen. Einige Verkäufer ­konzentrieren sich auf digitale Leads und Kommunikation, andere auf ­persönliche Beratung im Haus. Beide sind entscheidend für den Erfolg. ­Systeme und KI können dabei unterstützen, aber sie werden den Verkäufer nicht ersetzen. Entscheidend bleibt die Fähigkeit, Technik und Menschlichkeit zu verbinden.

AH: Herr Kropf, vielen Dank für das Gespräch.

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