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Streit um Verbrenner-Verbot: Lindner-Vorstoß ist "positives Signal"

22.06.2022 15:29 Uhr | Lesezeit: 5 min
Streit um Verbrenner-Verbot: Lindner-Vorstoß ist "positives Signal"
Jürgen Karpinski
© Foto: ProMotor

Der Finanzminister hat Widerstand gegen den EU-Plan zum Aus von Verbrenner-Neuwagen angekündigt. Beim Kfz-Gewerbe stößt dies auf große Zustimmung.

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Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) begrüßt die Ankündigung von Finanzminister Christian Lindner (FDP), die Bundesregierung werde dem faktischen Verbrenner-Verbot ab 2035 in Brüssel nicht zustimmen. "Das ist ein positives Signal für die technologieoffene Gestaltung einer umweltgerechten individuellen Mobilität", erklärte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski in Bonn. Denn nicht die hoch effizienten Verbrennungsmotoren seien das Problem, sondern der verwendete Kraftstoff.

"Wer schnelle Erfolge bei der CO2-Reduktion erzielen will, muss den aktuellen Fahrzeugbestand in den Blick nehmen", betonte der Branchenvertreter. Das seien hierzulande rund 46 Millionen Pkw und weltweit 1,5 Milliarden Pkw mit Verbrennungsmotoren. Mit klimaneutralen E-Fuels oder Biokraftstoffen könnten alle diese Fahrzeuge klimaneutral angetrieben werden – und die bestehende Tankstellen-Infrastruktur wäre vorhanden.

Nach Einschätzung des ZDK-Präsidenten werden viele Millionen Menschen auch in Europa ihre Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren über das Jahr 2035 weiter betreiben, weil die E-Mobilität für sie aus unterschiedlichen Gründen keine Alternative sei. "Sie mitzunehmen auf dem Weg, mit diesen Fahrzeugen klimaneutral zu fahren, muss Aufgabe der Politik sein, in Europa und insbesondere auch hier in Deutschland", so Karpinski.

Am Dienstag hatte Lindner in Berlin erklärt, dass die Bundesregierung einem Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 auf EU-Ebene nicht zustimmen werde. Es werde Weltregionen geben, in denen die Elektromobilität für die nächsten Jahrzehnte nicht eingeführt werden könne. Wenn es ein Verbot der Neuzulassung des Verbrennungsmotors gebe, dann werde er auch nicht weiterentwickelt werden, zumindest nicht in Europa und Deutschland. Deshalb halte er eine Entscheidung, den Verbrennungsmotor de facto zu verbieten, für falsch, so der FDP-Chef. "Ich habe deshalb entschieden, dass ich in der Bundesregierung, dass wir in der Bundesregierung, dieser europäischen Rechtsetzung nicht zustimmen werden."

Nach diesen Äußerungen wird klar: Die Ampelkoalition kann sich weiterhin auf keinen gemeinsamen Kurs zum geplanten EU-weiten Verbrenner-Aus einigen. Insbesondere die Positionen zwischen dem grünen Umweltministerium, das ein Verbot klar befürwortet, und den beiden FDP-geführten Ressorts Verkehr und Finanzen klaffen weit auseinander.

Perspektive für synthetische Kraftstoffe

Am Mittwoch forderte Lindner Nachbesserungen an dem EU-Vorhaben und signalisierte zugleich Gesprächsbereitschaft. Am Rande eines Gewerkschaftstags der Deutschen Steuer-Gewerkschaft sagte der Politiker, synthetische Kraftstoffe als Option müssten eine Perspektive haben. "Mit synthetischen Flüssigkraftstoffen im Kolbenmotor ist Klimaneutralität genauso möglich. Wenn das abgebildet werden kann auf europäischer Ebene, spricht nichts gegen eine Zustimmung." Der gegenwärtige Vorschlag genüge dem aber nicht. "Das heißt, wir können dann wieder neu sprechen, wenn der legislative Vorschlag modifiziert worden wäre", unterstrich Lindner.

Auch FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler bekräftigte, dass Deutschland den EU-Plänen "in der nun vorgeschlagenen Form nicht zustimmen" könne. "Es wäre ein großer Fehler, den Verbrennungsmotor zu verbieten und damit auch klimaneutrale Kraftstoffe aus dem Wettbewerb um die besten Klimaschutztechnologien auszuschließen", sagte Köhler der Deutschen Presse-Agentur. Selbst wenn das Verbot käme, bräuchten laut Köhler "weit mehr als eine Milliarde Bestandsfahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf der Welt eine klimafreundliche Perspektive". Deren Entwicklung würde durch ein Verbot ausgebremst, befürchtet er.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte zum Streit in der Koalition um ein Verbrenner-Aus, die Bundesregierung befinde sich gerade im Gespräch. Danach werde verkündet, wie sie sich im zuständigen EU-Ausschuss verhalten werde.

Die FDP lehnt ein Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 auf EU-Ebene ab. Die Liberalen fordern, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden können, wenn diese nachweisbar nur mit E-Fuels betankbar sind. Das sehen die Pläne bisher aber nicht vor. Das grün geführte Umweltministerium befürwortet ein Verbrenner-Aus ab 2035. 

Umweltminister tagen am Dienstag 

Beim Treffen der EU-Umweltminister am kommenden Dienstag wollen die EU-Staaten ihre Position zu dem Vorhaben verabschieden. Dabei muss nicht einstimmig entschieden werden, es reicht eine qualifizierte Mehrheit. Deutschland könnte sich, bleiben die Fronten so wie aktuell verhärtet, bei der Abstimmung auch enthalten.

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