Kundenkontakt im Autohandel: Digital und doch persönlich

07.12.2025 00:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Autohandel digital
Die heutige Customer Journey beginnt in den meisten Fällen online mit Recherche und Vergleichen.
© Foto: adobe.stock.com/ittipol

Die Berührungspunkte mit dem Kunden sind heute vielschichtig. Autohäuser müssen ihren Kunden sowohl online als auch offline die Möglichkeit geben, Kontakt aufzunehmen oder diverse Services zu nutzen. Das muss kein Widerspruch sein, solange die Prozesse richtig ineinandergreifen.

Der Autokauf hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert. Früher führte der Weg fast automatisch über den Showroom. Man ging ins Autohaus, sah sich um, stellte Fragen und verließ den Händler mit Prospekt und Preisangebot. Heute beginnt der Entscheidungsprozess meist am Bildschirm und oft lange bevor jemand überhaupt Kontakt aufnimmt. Ein Klick auf eine Anzeige, ein kurzer Chat auf der Website oder ein Social-Media-Beitrag kann bereits der erste Auslöser sein.
Trotz aller digitalen Möglichkeiten bleibt das persönliche Gespräch wichtig. Denn wer ein Auto kauft, möchte vergleichen, verstehen und erleben. Viele Autohäuser versuchen deshalb, digitale und analoge Welt so miteinander zu verbinden, dass für Kundinnen und Kunden ein stimmiges Gesamterlebnis entsteht. Es geht längst nicht mehr darum, ob online oder offline der bessere Weg ist, sondern wie beide Seiten harmonieren.

Vom Klick zum Gespräch

Die meisten Interessierten starten online. Auf den Webseiten vieler Händler lassen sich heute Probefahrten, Rückrufe oder Beratungstermine direkt vereinbaren. Diese Schaltflächen, sogenannte Call-To-Actions, führen zu kompakten Leadformularen, in denen die wichtigsten Angaben erfasst werden. Nach dem Absenden werden die Informationen automatisch an das CRM-System des Autohauses übertragen. Ein CRM (Customer Relationship Management) bündelt sämtliche Kundendaten, Interessen, Kontaktverläufe und Vertriebsaktivitäten an einer zentralen Stelle.
Viele Autohäuser ergänzen ihr CRM um ein Lead-Management-System, das speziell auf die Strukturierung neuer Anfragen ausgelegt ist. Dort erscheint der Datensatz unmittelbar, häufig verbunden mit einer Benachrichtigung auf dem Smartphone oder dem Bildschirm der zuständigen Ansprechperson. In manchen Betrieben ist zudem ein automatisiertes Rückrufsystem angebunden, das Interessenten bereits wenige Minuten nach dem Absenden des Formulars telefonisch erreicht. Untersuchungen zeigen, dass diese Geschwindigkeit einen deutlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung hat.
Verfügt ein Autohaus nicht über ein eigenes Lead-Management-System, werden Probefahrten und Angebotsanfragen häufig per E-Mail an das Verkaufsteam übermittelt. Der Prozess ist weniger automatisiert, funktioniert aber zuverlässig, wenn im Betrieb klar geregelt ist, wer eingehende Anfragen bearbeitet.

Autohaus
Für viele Interessenten ist der Gang ins Autohaus trotz Digitalisierung noch immer obligatorisch.
© Foto: adobe.stock.com/My Ocean studio

Jederzeit erreichbar

Früher war es nach Ladenschluss ruhig im Autohaus. Heute laufen viele Prozesse im Hintergrund weiter. Digitale Telefonassistenten nehmen Anrufe entgegen, notieren Anliegen und vereinbaren Rückrufe. Chatfunktionen beantworten häufige Fragen zu Modellen, Lieferzeiten oder Finanzierungsmöglichkeiten. Diese Systeme ersetzen nicht das persönliche Gespräch, sorgen aber dafür, dass kein Kontakt verloren geht.
Auch soziale Medien haben sich zu einem bedeutenden Baustein in der Leadgewinnung entwickelt. Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok ermöglichen eine präzise Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen. Die Systeme analysieren dafür typische Muster im Nutzungs- und Klickverhalten, regionale Merkmale und thematische Interessen. Eine Familie, die sich für Fahrzeuge mit großem Kofferraum interessiert, sieht andere Inhalte als Berufspendler, die sich über Elektromobilität informieren. Der Content reicht von kurzen Fahrzeugvorstellungen über Einblicke in die Werkstatt bis zu Videos mit Mitarbeitenden. Viele Interessierte gelangen direkt aus diesen Beiträgen in Formulare oder Chats, die wiederum automatisch mit dem CRM verbunden sind.

Benjamin Thiel
© Foto: EveryCo

"Wer innerhalb kurzer Zeit eine freundliche Rückmeldung erhält, erlebt Service, bevor überhaupt etwas verkauft wurde."

Benjamin Thiel, Geschäftsführer EveryCo

Saubere Prozesse

Ein eindrucksvolles Beispiel zeigt, wie sich digitale und persönliche Abläufe ergänzen. Ein Interessent klickt abends auf eine Anzeige für ein neues Hybridmodell und füllt das Kontaktformular aus. Die Daten werden sofort an das CRM übertragen und dem zuständigen Verkaufsberater zugeordnet. Dieser sieht alle relevanten Informationen wie Modellvariante, gewünschte Ausstattung oder bevorzugte Kontaktart. Am nächsten Morgen erfolgt der Rückruf, kurz darauf die Terminbestätigung zur Probefahrt. Einen Tag später steht das Fahrzeug zur Probefahrt bereit. Das System erinnert automatisch an Folgetermine und dokumentiert alle Schritte, ohne dass die Kundin oder der Kunde etwas davon bemerkt.
Damit solche Abläufe zuverlässig funktionieren, müssen alle digitalen Wege sauber miteinander verknüpft sein. Erst wenn Website, Social Media und CRM zusammenarbeiten, entsteht ein durchgängiger Prozess, der von der ersten digitalen Berührung bis zum persönlichen Gespräch führt.

QR_Code
Ein QR-Code verbindet analog mit digital: vertraut wie ein Brief, praktisch wie ein Link.
© Foto: adobe.stock.com/Shisu_ka

Digitalisierung bedeutet nicht, dass der Mensch an Bedeutung verliert. Im Gegenteil: Je besser die Technik im Hintergrund funktioniert, desto mehr Zeit bleibt für echte Beratung. Systeme übernehmen Routineaufgaben wie Terminvereinbarungen, Dokumentation oder Erinnerungen. Die Verkäufer können sich dadurch stärker auf individuelle Bedürfnisse konzentrieren.
Ein Kunde, der online ein Angebot anfragt, möchte nicht fünf verschiedene Ansprechpartner erleben, sondern einen durchgängigen Prozess. Er erhält nach dem Absenden der Angebotsanfrage automatisch eine Bestätigung, das CRM ordnet sie der passenden Ansprechperson zu und stellt alle relevanten Informationen bereit. Beim Rückruf knüpft das Gespräch genau an die digitale Anfrage an. Dieser nahtlose Übergang vermittelt Professionalität und Verlässlichkeit. Der Kunde bekommt so das Gefühl, dass man ihn kennt, nicht nur seine Anfrage.


"Trotz aller digitalen Möglichkeiten bleibt das persönliche Gespräch wichtig. Denn wer ein Auto kauft, möchte vergleichen, verstehen und erleben."

Benjamin Thiel, Geschäftsführer EveryCo


Wenn das Analoge digital wird

Auch klassische Werbeformen behalten ihre Wirkung. Gedruckte Mailings, Flyer oder Einladungen mit individuellen QR-Codes führen heute direkt zu digitalen Aktionen. Wer den Code scannt, gelangt auf eine Landingpage, kann ein Angebot anfordern oder einen Termin buchen. Das System erkennt automatisch, aus welcher Kampagne der Scan stammt, und ordnet ihn dem richtigen Standort oder Verkaufsberater zu. Dadurch wird eine persönliche Ansprache mit messbaren Ergebnissen verbunden.
Solche hybriden Wege funktionieren besonders gut bei Zielgruppen, die in digitalen Kanälen nur eingeschränkt unterwegs sind, Online-Werbung eher übersehen oder lieber etwas in der Hand halten. Der QR-Code erschafft hierbei den Übergang: vertraut wie ein Brief, praktisch wie ein Link. So verschwimmen die Grenzen zwischen klassischem Marketing und digitaler Erlebniswelt.

Nähe entsteht durch Klarheit

Was Interessierten besonders wichtig ist, sind Übersicht und Einfachheit. Eine Website, die schnell lädt, klar aufgebaut ist und eindeutige Informationen bietet, vermittelt Verlässlichkeit. Ebenso entscheidend ist eine unkomplizierte Terminbuchung ohne lange Formulare oder Wartezeiten.
Ein anschauliches Beispiel ist die digitale Serviceterminbuchung. Sobald der Werkstattkalender des Autohauses in Echtzeit mit der Website verbunden ist, werden freie Zeitfenster sofort angezeigt und können direkt inklusive Auswahl des gewünschten Services gebucht werden. Die Kundin oder der Kunde sieht auf einen Blick, welche Termine verfügbar sind, wählt den passenden Slot und erhält unmittelbar eine Bestätigung. Dieses intuitive Erlebnis reduziert Rückfragen und vermittelt schon vor dem Termin ein Gefühl von guter Betreuung.
Auch ein einfaches Kommunikationsangebot über Messaging-Dienste erleichtert vieles. Wenn auf der Website die Möglichkeit besteht, Nachrichten direkt über WhatsApp zu senden, entsteht ein natürlicher, dialogorientierter Austausch. Interessierte können Rückfragen stellen, Bilder oder Dokumente teilen und auch unterwegs mit der zuständigen Ansprechperson in Verbindung bleiben. Die Kommunikation wirkt dadurch persönlicher und direkter ohne den formellen Charakter von klassischen Kontaktformularen. Autohäuser, die diese Einfachheit bieten, vermitteln unbewusst Vertrauen. Wer innerhalb kurzer Zeit eine freundliche Rückmeldung erhält, erlebt Service, bevor überhaupt etwas verkauft wurde. Dieses Gefühl bleibt. Gerade beim Autokauf, der mit vielen Entscheidungen verbunden ist, spielt dieser erste Eindruck eine große Rolle.

Digitaler Einkauf
Einkaufen mit KI: Kunden erhalten in Zukunft zunehmend auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Vorschläge und Empfehlungen.
© Foto: adobe.stock.com/Jahanara

Online und offline: kein Widerspruch

Digitale Angebote und persönliche Begegnungen ergänzen sich, anstatt einander zu verdrängen. Der Bildschirm ist oft der Einstieg, das Gespräch vor Ort der Abschluss. Manche Entscheidungen werden online vorbereitet, andere entstehen erst im direkten Kontakt mit dem Fahrzeug.
Ein weiteres Praxisbeispiel zeigt diese Verbindung deutlich. Ein Kunde informiert sich auf der Website über ein Modell, stellt eine Anfrage und erhält kurz darauf einen Rückruf. Am nächsten Tag findet die Probefahrt statt, wenig später folgt ein personalisiertes Angebot zur Finanzierung. Innerhalb von zwei Tagen ist der Vertrag schnell, transparent und bequem unterschrieben.

Digitalisierung, die organisch wächst

Viele Händler stehen jedoch vor der Herausforderung, mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Automatisierung und Datenintegration wirken komplex, Investitionen erscheinen hoch. Oft hilft ein schrittweises Vorgehen. Ein guter Startpunkt ist die saubere Anbindung der Website an das CRM, gefolgt von automatisierten Bestätigungen oder Rückmeldungen. So wächst Digitalisierung organisch und belastet das Team nicht übermäßig.
Der entscheidende Vorteil moderner Systeme liegt darin, dass sie Nähe ermöglichen. Sie erinnern an Rückrufe, speichern Gesprächsnotizen und verhindern doppelte Kontakte. So entsteht eine Kundenbeziehung, die digital organisiert, aber menschlich geführt ist. Käuferinnen und Käufer erleben den Prozess als einfach und verlässlich. Mitarbeitende gewinnen Zeit für Beratung und Betreuung. Effizienz und Menschlichkeit profitieren gleichermaßen.


"Der entscheidende Vorteil moderner Systeme liegt darin, dass sie Nähe ermöglichen."

Benjamin Thiel, Geschäftsführer EveryCo


Wie KI den Autokauf verändert

Was heute selbstverständlich wirkt, wird sich weiter wandeln. Digitale Suchsysteme werden zunehmend intelligenter und verknüpfen immer mehr Informationen miteinander. Immer häufiger werden Suchanfragen dialogartig gestellt wie zum Beispiel nach Modellen für bestimmte Fahrprofile oder nach verfügbarer Lieferzeit. Statt vieler Anzeigen und Preislisten entstehen zunehmend gezielte Empfehlungen, abgestimmt auf Budget, Reichweite oder Ausstattungswünsche.
Für Kundinnen und Kunden bedeutet das vor allem Komfort und Klarheit. Für Autohäuser entsteht eine neue Form digitaler Sichtbarkeit. Empfehlungs- und Suchsysteme greifen ausschließlich auf Daten zurück, die strukturiert, vollständig und aktuell hinterlegt sind. Fahrzeuge, lokale Angebote und Serviceleistungen erhalten nur dann Sichtbarkeit, wenn die dahinterliegenden Informationen verlässlich gepflegt werden. Datentiefe ersetzt zunehmend
klassischen Werbedruck.

Daten richtig aufbereiten

Entscheidend wird deshalb die Fähigkeit, Informationen maschinenlesbar bereitzustellen. Dazu gehören klare Preis- und Ausstattungsangaben, aktuelle Fahrzeugdaten und vollständige Servicebeschreibungen. Eine Website, die strukturierte Daten übermittelt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, in den Antworten intelligenter Suchdienste berücksichtigt zu werden. Ebenso wichtig ist die Pflege von Öffnungszeiten, Bewertungen und Kontaktwegen. Intelligente Systeme bevorzugen Anbieter, die konsistent und zuverlässig wirken.
Die neue Suchlogik bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Angebote werden stärker vergleichbar, Unterschiede schneller sichtbar. Preis- und Ausstattungsabweichungen lassen sich leichter erkennen. Gleichzeitig steigt die Abhängigkeit von externen Systemen. Wer seine Daten nicht aktiv pflegt, riskiert an Sichtbarkeit zu verlieren. Servicequalität und Reaktionsgeschwindigkeit gewinnen daher weiter an Bedeutung, da viele Interessenten nach einer Empfehlung unmittelbar den Kontakt aufnehmen.

Ein neuer Standard entsteht

Die Digitalisierung der Kundenschnittstelle ist keine ferne Zukunft, sondern längst Alltag. Sie verändert nicht nur, wie Autos verkauf t werden, sondern auch, wie sich Menschen informieren, entscheiden und betreut werden möchten. Ob per Chat, QR-Code, Rückruf oder Sprachsuche, entscheidend ist, dass alles zusammenpasst. Wenn Technik dazu beiträgt, Kommunikation einfacher und ehrlicher zu machen, gewinnt am Ende vor allem eines: das Vertrauen. Und das bleibt, auch nach dem Autokauf.


Der Autor

Benjamin Thiel ist Marketingberater für den Autohandel und seit 20 Jahren in der Automobilbranche tätig. Mit seinem Team bei EveryCo entwickelt er unter der Marke Carlution Lösungen, die es Konsumenten einfacher machen, mit Autohäusern in Kontakt zu treten.



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