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Rückversicherer: Kraftfahrt-Sparte bleibt auf Jahre hinaus defizitär

30.10.2023 05:29 Uhr | Lesezeit: 7 min
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So günstig wie in den zurückliegenden Jahren werden Autoversicherungen künftig nicht mehr sein. Ab 2024 werden "auf Jahre hinaus" vor allem von den Rückversicherern höhere Prämien prognostiziert.
© Foto: Walter K. Pfauntsch

Inflation, Kostensteigerungen für Ersatzteile und Werkstattreparaturen sowie insgesamt höhere Schadenfrequenzen – nicht zuletzt durch klimabedigte Elementarschäden wie Hagel und Stürme – machen Kfz-Versicherern zu schaffen. Führende Rückversicherer prognostizieren deshalb höhere Prämien für Autobesitzer auch weit über 2024 hinaus.

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Autobesitzer in Deutschland müssen nach Ansicht der Hannover Rück noch über Jahre mit deutlich steigenden Versicherungsprämien rechnen. Deutlich teurer gewordene Kfz-Ersatzteile und Reparaturen sowie generell inzwischen höhere Schadenquoten auch aufgrund der massiven Zunahme von Unwetterschäden führen bei den Kraftfahrtversicherern zu "massiven Verlusten". So zumindest lautete vergangene Woche die ernüchternde Bilanz des Vorstandsvorsitzenden der Hannover-Rück-Deutschlandtochter E+S Rück, Dr. Michael Pickel, beim Treffen der Assekuranzbranche in Baden-Baden.

Prämienanpassungen auch nach 2024

Weitere Preisanpassungen seien "unausweichlich", um das Kraftfahrt-Geschäft wieder aus den roten Zahlen zu bringen und langfristig profitabel zu halten. Das sei allerdings nicht innerhalb eines Jahres zu schaffen. Pickel rechnet daher mit einer "schrittweisen Entwicklung", die deutlich über das Jahr 2024 hinaus reichen könne.

E+S ist einer der wichtigsten Rückversicherer für die Kfz-Sparte, ihre Mutter Hannover Rück sogar die Nummer drei unter den weltweiten Rückversicherern. Nicht zuletzt daraus ergibt sich eine exzellente Kenntnis über die Konditionen der deutschen Kfz-Erstversicherer wie beispielsweise Allianz, AXA, DEVK, HUK-COBURG und allen anderen Unternehmen. In Baden-Baden verhandelten Makler sowie Erst- und Rückversicherer wie Hannover Rück, Munich Re und weitere die Tarifkonditionen für die Erneuerung ihrer jeweiligen Verträge zum 1. Januar 2024.

Loyale Kunden tragen Kostenlast

Nach dem vorangegangenen Treffen in Monte Carlo im September stand jetzt besonders der deutsche Markt im Fokus. Dabei ging es u.a. um die Konditionen in der Kfz-Versicherung als der vom Volumen her größten Sparte des Schaden- und Unfallgeschäfts in Deutschland. Wie jedes Jahr, buhlen die Erstversicherer in den kommenden Wochen mit ihren Angeboten wieder um neue Kunden im üblichen "Wechslergeschäft". Der Prämienanstieg dürfte dabei erneut die treuen Bestandskunden treffen.

Notwendig seien Prämienerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich, schreibt die Hannover Rück in ihrer Präsentation zum Treffen in Baden-Baden. Die Vergleichsportale Verivox und Check24 hatten in den vergangenen Tagen bereits über Prämienerhöhungen von bis zu 16 Prozent berichtet – je nachdem, ob es um Kfz-Haftpflicht, Teilkasko oder Vollkasko geht. (Siehe dazu auch die Erstmeldung in unserer heutigen Ausgabe des vor Ihnen liegenden AUTOHAUS-Schadenmanager.)

2,9 Milliarden Euro Defizit

Die Portale betrachten allerdings nur die Tarife für Neukunden und Wechsler. Die Hannover Rück berücksichtigt dagegen auch die Tarife für Kunden, die ihrem Versicherer treu bleiben.

Viele Kfz-Assekuranzen hatten schon in der Vergangenheit vor allem bei Bestandskunden die Preise erhöht und Neukunden oft mit relativ günstigen Konditionen gelockt. Der Konkurrenzkampf in der Branche verhinderte, dass die Prämien in der eigentlich erforderlichen Höhe stiegen. Nun aber steckt die Branche plötzlich in tiefroten Zahlen. Nach Einschätzung der Hannover Rück werden Kfz-Versicherer dieses Jahr 2,9 Milliarden Euro mehr für Schäden, Verwaltung und Vertrieb ausgeben, als sie an Beiträgen einnehmen. 2024 dürften sich die durchschnittlichen Schäden deshalb weiter verteuern.

"Eigentlich wären gut 20 Prozent sofort nötig"

Diese Einschätzung deckt sich übrigens auch mit den Aussagen, die von Schadenverantwortlichen in den letzten Wochen während der traditionellen AUTOHAUS-Wintergespräche gegenüber unserer Redaktion getätigt wurden: Übereinstimmend war man dabei der Auffassung, dass schon jetzt eine durchgängige Prämienanpassung um "gut 20 Prozent nötig" sei, um aus der derzeit hoch defizitären Kfz-Sparte wieder herauszukommen. (Mehr dazu im AUTOHAUS-Jahresmanagement-Magazin KFZ-ASSEKURANZ, das am 20. November 2023 erscheinen wird sowie in der Dezember-Ausgabe von AUTOHAUS-SchadenBusiness.)

Druck auf kleine Versicherer und Schadendienstleister steigt

Da es aufgrund des scharfen Wettbewerbs und dem gemeinsamen Buhlen um Wechsler-Neukunden zu den eigentlich erforderlichen Tarifverteuerungen aktuell dennoch nicht kommen wird, werde das Minus der Kfz-Versicherer laut Hannover Rück auch in 2024 noch bei 2,7 Milliarden Euro verbleiben.

Die von Michael Pickel prognostizierte, "schrittweise" Anpassung der Prämien auch in den Folgejahren dürfte dabei insbesondere kleineren Autoversicherern noch schwer zu schaffen machen – und dabei nicht zuletzt den im Schadenmanagement weitergegebenen Kostendruck auf Reparaturwerkstätten, Kfz-Sachverständige und sonstige Service-Dienstleister nochmals nachhaltig erhöhen.

Ruf nach Absicherung gegen Extremwetter

Auch abseits des Kfz-Geschäfts rechnet die Hannover Rück hierzulande mit weiter steigenden Preisen für Rückversicherungsschutz. "Wir müssen davon ausgehen, dass der langjährige Trend zu höheren Schadenleistungen weiter anhält", sagte Deutschland-Chef Pickel. Die Frage nach der Absicherung der Folgen von Extremwetter wie Starkregen, Überschwemmung, Sturm und Hagel bleibe hochaktuell. Sie betreffe private Haushalte, Gewerbe und Industrie gleichermaßen.

Einschätzungen von Munich Re und Swiss Re

Ähnlich hatten sich jüngst bereits Swiss Re und der weltweit größte Rückversicherer, die Munich Re, geäußert. Beide Unternehmen sehen die massive Verteuerung der Kosten als "wesentlichen Faktor" und wollen – neben der allgemeinen Inflation – zudem die sogenannten "segmentspezifischen Inflationsfaktoren" mit einpreisen. Dazu gehören dem Vernehmen nach die deutlich teurer gewordenen Ersatzteile und auch die Folgekosten aus Naturkatastrophen.

Zahl und Schwere von Naturkatastrophen steigt

In 2023 hat die Munich Re europaweit "mindestens sieben Naturkatstrophen mit versicherten Schäden von jeweils mehr als einer Milliarde Euro" erfasst. Auf globaler Ebene sieht sie nach Aussage von Clarisse Kopff, der für Europa zuständigen Vorständin, "einen klaren Trend zu steigenden Schäden ais wetterbedingten Ereignissen". Bedrohlich zunehmen würde dabei nicht nur die Zahl, sondern auch die Schwere der Naturkatastrophen und demzufolge die Höhe der daraus resultierenden Schadenkosten.

Zusatzrisiko innere Unruhen, Streiks etc.

Kopff klassifiziert in ihrer Deskription der künftigen Lage in "große Naturgefahren", wozu sie etwa Hurrikans zählt, und in "Sekundärgefahren". Dazu gehören für sie Gewitter und Hagel, Starkregen/Überschwemmungen und auch Waldbrände. Der Trend beschleunige sich "auf allen Ebenen". Sie sieht darüberhinaus "potentiell sehr teure Folgen" politischer und wirtschaftlicher Unzufriedenheit: "Zusätzlich zu den geopolitischen Konflikten sehen wir hier ein höheres Maß an gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, also Streiks, Krawalle und innere Unruhen".  (dpa/wkp)

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